Ihr habt schon richtig gelesen, dass heute am Muttertag ein Frusttag für mich ist. Wer zart beseidet ist, sollte nicht weiter lesen. Wer Tipps geben kann, darf weiterlesen. Und wer trösten kann, unbedingt weiterlesen!
Eine liebe Freundin meinte, nenne es doch “Muttertag … ist ein Scheisstag” – und auch mit dieser Aussage hat sie recht! Heute Morgen habe ich per WhatsApp bereits geheult, wie ein Schlosshund. Wir schrieben uns und jede meinte von uns “Welch Scheiss-Tag!” Meine Freundin wurde von ihrer Schwiegermutter geärgert und bei mir war es mein Sohn, der wie immer den Muttertag vergessen hatte und später dann lapidar meinte: “Welch doofe Erfindung, jeder Tag ist doch Muttertag.” Doch dieser Funke zündete ein Buschfeuer an. Und es hat nichts mit meinen Kindern zu tun; denn meine Tochter sendete mir ein Foto und liebe Worte aus Paris.
Ja, mein Sohn hat recht. Man braucht solche Tage nicht, in meinen Augen auch kein Valentinstag. Jeder Tag im Jahr ist wichtig, wie man mit dem anderen umgeht, an ihn denkt oder was auch immer. Und doch! Manches lässt sich einfach nicht erklären. Plötzlich ist der Tag ein Scheiss-Tag; überrollt vom eigenen Leben. Bum. Platt gemacht liegt man am Boden, heult und will einfach mal für Stunden nicht aufstehen. Basta.
Warum gerade heute am Muttertag?
Ehrlich? Keine Ahnung und es ist mir auch schnurzegal. Die Tränen und der Frust müssen an die Oberfläche; nach dem Gewitter fühle ich mich besser. Was zwar an der Situation nichts ändert, aber es war jemand da, der zuhörte. Danke Elke!
Mutter zu sein ist für mich das größte; ein Leben ohne Kinder für mich unvorstellbar. Wir haben auch gar nicht über Kinder gesprochen. Ich heulte Rotz und Wasser über meine Kindheit und Jugend. Gut behütet, viel zu gut; ich kann es nur einengen nennen. Kontrolliert und immer entschieden meine Eltern und Großmutter, was für mich richtig sei. Statt, so wie ich meine Kinder früher, auch am Sonntag, im Wald rum tollen ließ und sich schmutzig machen, zog man mir weiße Kniestrümpfe und schwarze Lackschuhe an. Schön auf dem asphaltierten Weg bleiben, damit ich ja nicht schmutzig wurde. In der Schule strenge Disziplin und wehe die Noten, die ich nach Hause brachte, waren schlecht, da schwingte schon mal der Kochlöffel. Später in der Jugend pünktlich nach der Party oder Treffen mit Freunden nach Hause kommen, wurde mit der Uhr in der Hand von meinem Vater kontrolliert. Abi konnte ich nicht machen, sondern nur mein Bruder, der ja als Mann mal ne Familie ernähren sollte. (Seit 17 Jahre ernähre ich mich und meine Kinder alleine – das interessiert wohl keinen!?, von wegen Mann muss …). Mein Medizinstudium flog ins Universum. Aus die Maus!
Ich rebellierte, aber außer dass ich noch mehr Stress hatte, tat ich mir selbst weh. Im Innern. Solche Narben brechen jetzt auf, nein, bereits seit Jahren. Verlobung in den Sand gesetzt, doch auch hier musste ich mich befreien, da ich von jenem eingeengt wurde. Uff. Geschafft. Mein beruflicher Werdegang war richtig gut. Hier starte ich senkrecht nach oben. Dem Himmel sei Dank, denn sonst könnte ich mir nach der Berentung nur noch einen Strick kaufen. Dann lernte ich meinen geschiedenen Mann kennen; die Familie war das reinste Gefängnis; jeder mischte sich ein und mir schnürte es die Luft ab. Doch ich hielt durch. Nach einer Fehlgeburt, kam meine Tochter sehr schwer erkrankt auf die Welt. Da konnte ich nicht nachdenken, was alle um mich herum veranstalteten und erste Symptome der MS zeigten sich. Jeden Tag stieß ich an mein Limit; doch ich ignorierte jede Warnzeichen meines Körpers. Die Seele schrie und ich befahl ihr “Halt die Klappe!”
Nach einer weiteren Fehlgeburt erblickte mein Sohn das Licht der Welt; mit acht Monaten erkrankte er wie meine Tochter an einer Hüftdysplasie; zum Glück ohne Luxation und Op´s. Als mein geschiedener Mann an einem Gehirntumor erkrankte, fiel das, ach so schöne Kartenhaus, zusammen. Ab da war ich alleine auf mich gestellt. Zum Glück mit meinen Kindern. Finanzielle Sicherheit musste ich zurücklassen und manche Träne musste ich beim Putzen fremder Böden wegwischen. Die letzten 17 Jahre brachten mich oft an den Rand der Verzweiflung. Geldnot, Diagnose MS, Berentung, viele Schübe, oft miese geringfügige Jobs, aber ich hielt durch. Ich kannte ja nichts anderes. Stärke nach außen, wurde zu meinem Motto. So kennt mich jeder – so sieht mich gerne jeder.
Doch heute brach mal wieder alles nach oben. Ich heulte ins Handy; wie irrsinnig ist das denn!? Aber es beruhigte mein Innerstes und Elke hörte zu. Schön, hätte man jetzt einen Partner. Doch keiner in Sicht. Spielte ich nicht die all zu taffe Dame, um ja nicht verletzt zu werden, ja kein Risiko eingehen, ja den Eltern weiterhin alles recht machen, ja noch schnell ein Buch schreiben, ja noch die Messenger beantworten weil es dem anderen noch schlechter geht, ja noch das Hörbuch überarbeiten, ja noch einer Kollegin eine Rezension lesen und natürlich vorher flix das Buch lesen, ja noch schnell für die Kinder die Steuer machen, ja noch … ja noch … ja, ja, ja … Ich will nicht mehr und dann kommt diese blöde DSGVO ins Spiel.
Aufgeben wegen der neuen DSGVO?
Seit Tagen durchforste ich meinen Blog, lese und schaue ob alles DSGVO-konform ist und immer wieder lässt man sich von Berichten, Kommentare in den Sozialen Medien verunsichern oder irgendwer im Bekanntenkreis gibt dir Ratschläge. Selbst schuld, denke ich. Denn seit März habe ich alles suggestive vom Blog deinstalliert, meine geliebten Button zum teilen und gefällt-mir, entfernt und die Datenschutzerklärung samt Impressum seit Januar in trockenen Tüchern. Es macht mich kirre und heute am Muttertag, wie in den letzten Wochen ebenso, bin ich in Versuchung, die Lösch-Taste zu drücken. So viel Arbeit und Liebe steckt in meinem Blog, doch die neue Datenschutzerklärung lässt meine Haare ergrauen. Nicht nur ich stelle mir die Frage, was bringt uns die Zukunft? So einfach nur bloggen und sich ein Foto im Netz runterladen – vorbei! Ich fotografiere seit Wochen meine Fotos selbst, egal wo ich mich befinde, zücke ich meine Kamera oder Handy, sammle Fotos. Irgendwann kann ich vielleicht mal eins für meinen Blog verwenden. Da wird man doch verrückt! Und hat man sich beruhigt, kommt garantiert eine neue Hiobsbotschaft im Netz. Da könnte ich nur noch schreien: “Hilfe, holt mich hier raus!”
Am Ende des Muttertags …
… die Tränen sind getrocknet, mein Blog ist immer noch online und der Tag neigt sich dem Ende. Resümee passieren zu lassen bringt nichts – der Blick nach vorne zu richten – genau das werde ich tun. Darin bin ich geübt!
Herzlichst
Eure
Fotoquelle: © Caroline Régnard-Mayer
4 Kommentare
Meine liebe Caro,
vieles an dem Text kenne ich, doch jetzt wo niemand mehr da ist, habe ich alles verdrängt, es ist nicht mehr wichtig. Ich verstehe dich voll und ganz, mich interessiert auch kein Muttertag in dem Sinne oder Valentinstag, doch ich habe zwei ganz tolle Kinder, das Mädel hat mir per Facebook gratuliert und der Bub mir einenText per whatsapp, beides zum heulen, beide unterschiede wie nie. Hab mich über beide gefreut ♥ doch es würde mich zerreißen wenn das nicht käme, wenn sie es vergessen hätten, obwohl es mir nichts bedeutet, ich möchte ja auch keine Geschenke oder so, nur liebe Worte meiner beiden Kinder.
Ich habe heute mein erstes Muttertag ohne verbracht, ohne ein Wort am Telefon an meine Mama, nicht einfach, bei mr flosen also auch den ganzen Tag tränen, ich hatte keinen mit dem ich reden kann, meine Kinder ? nein die möchte ich nicht belasten, einen Partner habe ich, doch er ist der falsche Ansprechpartner und eine Freundin, so eine richtige, hatte ich nie.
Mach es gut liebe Caro und noch einen schönen Muttertag ♥
Liebe Manu,
das tut mir von Herzen leid. Ja ohne Worte meiner Kinder wäre sehr traurig und würde mich zerreißen. Mein Sohn hat ja recht, jeder Tag ist wichtig. Er hat mich zum Essen noch eingeladen und wir haben über die Zukunft gesprochen, da ich nächstes Jahr die Wohnung ohne seine Hilfe nicht halten kann. Ach liebe Manu, sei ganz lieb gedrückt. Ich spüre oft hinter deinen Worte eine tiefe Traurigkeit und danke dir von Herzen, dass du mir hier geschrieben hast. Danke <3
Ach Caro … trööööööst! Sei ganz tief und reichlich gesegnet und mit tiefem Frieden erfüllt! Ich habe auch jedes Jahr am Muttertag fiese Konflikte … mit einer Mutter, die selber narzisstisch drauf ist, die sich mit meinem narzisstischen Exmann verbündet, mit Kindern, die mir total fremd sind, wenn sie bei ihrem Vater sind, was mir immer wieder wehtut, wenn ich mich nicht gründlich schütze. Und wie mag es ihnen nur damit gehen? Muttertag ist also ein guter Zeitpunkt, um dieses oder jenes einfach rauszulassen … sich von der Seele zu waschen … mit Tränen zu verarbeiten. Gönne es Dir. Und fühl Dich in den Arm genommen.
Liebe Juliane,
deine virtuelle Umarmung tut so gut. Von meinem Ex und Schwiegereltern könnte ich Bücher füllen und anscheinend geht es dir nicht anders. Das tut mir leid, da ich weiß, wie weh es tut und man innerlich bricht. Dann nehme ich dich im Gegenzug auch in den Arm, von Herzen alles Liebe und Gottes Segen (auf den lieben Gott konnte ich mich immer verlassen), Caro