Aus Achtsamkeit resultiert oft Glück – gerade bei Multiple Sklerose (MS) wichtig
Ich höre euer Gehirn rattern. Achtsamkeit liest man ja oft genug, aber dann das Glück finden, wenn man achtsam ist? Geht nicht, gibt es bei mir nicht. Höre dir an, was ich zu sagen habe. Anschließend weißt du sicher, warum ich die Überschrift etwas provokativ geschrieben habe.
Ich möchte, dass es dir gut geht. Gerade zu Beginn der Erkrankung, die ersten Jahren nach der Diagnose, rennt mancher von uns irritiert und mutlos etwas ziellos durch die Gegend. Deswegen versuche ich, dich bei jedem Artikel an die Hand zu nehmen. Nach meiner Diagnose 2004 rannte ich mutlos, hilflos und traurig durch die Welt. Da gab es noch nicht die Hilfe durch soziale Netzwerke. Egal, du bist da, du hast zu mir gefunden, deswegen gibt es nun meine Gedanken und Tipps zum Thema “Achtsamkeit und Glück”.
Was bedeutet eigentlich achtsam sein?
Den Moment, indem du dich gerade befindest, solltest du ohne Bewertung und ganz bewusst wahrnehmen. Es bedeutet etwas Übung, den kein Meister ist bis heute vom Himmel gefallen. Auch ich nicht. Unser “Bewusstsein”, also das, was wir bewusst wahrnehmen, lenkt uns mit Absicht aufmerksam auf den gegenwärtigen Moment, wir lassen und dabei von nichts ablenken und gedanklich blenden wir alles aus. Nichts lässt uns abschweifen. Du brauchst vielleicht etwas Übung, aber Achtsamkeit und bewusstes Denken führen dich irgendwann zu mehr Selbstbewusstsein, Ausgeglichenheit und Glück.
Was ich gelernt habe — kannst du auch — hey, davon bin ich echt überzeugt. Schließlich habe ich hier stundenlang für dich geschrieben 😉
7 Tipps für mehr Achtsamkeit und Glück bei MS
Resilienz und Achtsamkeit gehören zusammen – was meinst du?
Du kennst sicher meinen Artikel über Resilienz. Er kann dir helfen, nach einem Schicksalsschlag oder einer Krise nach Lösungen zu suchen. Die Diagnose MS ist solch eine Krise. Bevor du dich hilflos fühlst und depressiv wirst, dann probiere erst meine Tipps aus. Oder suche das Gespräch mit einem Psychotherapeuten, Arzt, deiner Familie, beste Freund*in oder schreib mir, tausche dich in der MS-Community aus.
Resiliente Menschen suchen nach Lösungen, aber sie haben das auch lernen müssen, so wie du und ich. Sie leiden wie wir, besinnen sich jedoch auf ihre Stärken, lernten sich selbst zu vertrauen, sind optimistischer und meistens steht jemand ihnen zur Seite, der sie begleitet und unterstützt.
Du kannst die Wellen nicht stoppen, aber du kannst lernen zu surfen.
Jon Kabat-Zinn
Tipp 1 – wie beginnst du deinen Morgen?
Was ist das denn bitte eine komische Frage? So beginne ich meinen Morgen, dann wirst du meine Frage besser verstehen.
Da ich eine Nachteule bin, schlafe ich nicht vor Mitternacht und im Genuss Rentnerin zu sein, geht meine Wecker selten vor 9:00. Mein Rollladen ist nie ganz geschlossen, damit das Morgenlicht oder die Sonne mich wecken kann. Denn oft bin ich vorm Wecker klingeln, wach. Ich gönne mir ein paar Minuten, um den Morgen zu begrüßen und meine Atmung zu kontrollieren. Erste Gedanken, was alles heute zu erledigen ist, schiebe ich beiseite. Dann erst öffne ich weit die Balkontür und begrüße das Wetter, höre die Vögel zwitschern oder betrachte kurz den Regen.
Viele stehen gleich auf, öffnen das Fenster und atmen mehrere Atemzüge tief ein und aus. Erst startest du in deinem eigenen Rhythmus deinen Tag. Stelle vor Terminen immer rechtzeitig auf, damit du dein Frühstück genießen kannst und du in Ruhe dich im Bad fertig machen kannst. Versuche dein Handy erst am späten Morgen einzuschalten. Jetzt bist du erstmal wichtig — achte auf dich — nicht auf Posts auf Instagram. Während dem Morgen entfolgt dir keiner 😉
Tipp 2 – deine Achtsamkeit durch Feldenkrais, Yoga oder Progressive Muskelentspannung schulen
Sei achtsam zu dir, und zwar mental und physisch. Ruhst du in dir und bist entspannt, dann tut das deiner Seele und deinem Körper gut. Ein angenehmes Gefühl.
Nach einer Feldenkraisstunde, progressiven Muskelentspannung (PMR) oder ein paar einfache Yogasequenzen fühle ich mich in meiner Haut wohl. Klingt vielleicht kitschig, jedoch bin ich dann körperlich entspannt, alles fühlt sich leichter an und mein Kopf ist frei. Ich habe das Glück, dass ich mich auch bei all den Übungen und Techniken tiefen entspannen kann. Das lernte ich in all den Jahren der Erkrankung. Du kannst das sicher auch. Probiere wenigstens einer der drei hier aufgezählte Entspannungstechniken aus. Habe etwas Geduld, die Achtsamkeit und das Glück liegen direkt vor dir auf der Matte 😉
Tipp 3 – gehe in dich! Atme durch!
Wie jetzt? Ich soll in mich gehen, fragst du dich. Aber wie und warum? Ganz einfach …
Besinne dich doch mal ganz auf dich. Handy aus, TV erst gar nicht anmachen. Radio aus, Fenster und Türen schließen und am besten noch die Klingel ausschalten.
Was hörst du nun?
Nichts? Genau. STILLE.
Es ist nicht so einfach, diese Stille auszuhalten, denn sofort springt unser Gedankenkarussell an. Was soll ich morgen kochen? Ich muss noch einkaufen, danach zur Reinigung. Habe ich die Waschmaschine angemacht? Heute Abend muss ich zum Yogakurs und habe keine Lust. HALT!!!
Atme tief ein und aus. Mehrmals. Versuche, dich nur auf deine Atmung zu konzentrieren. Machts du diese Übung jeden Tag, dann wird es dir immer leichter fallen, dich auf deine Atmung zu konzentrieren.
Je langsamer und gleichmäßiger du atmest, um so mehr kommst du bei dir an. Versuche, alle noch vorhandenen Geräusche auszublenden. Horche nur auf dein Inneres. Manche nennen es auch innere Stimme.
Sobald du ganz ruhig bist, der Atem fließt und du entspannt bist, dann frag dich:
- Was will ich heute wirklich tun, damit es mir gut geht?
- Was möchte ich im Alltag tun, dass ich mir mindestens 5 bis 10 Minuten für mich zum Atmen nehme und in der Stille verweilen kann?
- Was will ich vom Leben? Etwas ändern oder ist alles gut so wie es ist?
- Was nehme ich mir vor, das ich schon lange machen wollte und immer verschoben habe?
Du kannst auch Stille in einem Spaziergang erfahren. Im Wald oder laufe über das Feld. Pflücke einen Blumenstrauß, atme gleichmäßig. Mache jeden Tag ein paar Minuten, aber mache es FÜR DICH!
Höre auf die Stille, sie hat dir so viel zu sagen.
chillen-deluxe.de
Tipp 4 – beobachte dein Handeln
Damit meine ich nicht nur, wie schnell du deine Hausarbeit erledigst, ruhig oder hektisch, weil dir die Zeit im Knick hängt. Beobachte einmal dein Ess- und Trinkverhalten. Hört sich schräg an, aber vor vielen Jahren haben meine Kinder Rituale entwickelt. Den Esstisch schön decken mit Stoffservietten (jeder hat seine eigne, die mit einem Namensring versehen sind), frische Blumen und Kerzen. Trotz, dass mein Sohn fast 23 Jahre alt ist, er deckt bei mir den Tisch immer so, wenn er bei mir zu Besuch ist.
Beim Essen und trinken kannst du deine Achtsamkeit auch trainieren. Sind wir doch ehrlich, viele schlingen ihr Essen runter, als wäre es ihr letzte Mahlzeit. Habe ich früher auch getan. Heute stehen bei mir immer Blumen auf dem Tisch, eine Serviette liegt neben dem Teller, ich verwende immer andre schöne Teller und im Winter oder abends zünde ich eine Kerze an. Dann arrangiere ich mein Essen appetitlich an und beim Essen ist kein TV oder Radio an. Ich versuche langsam zu essen und zu genießen. Versuch es einfach mal!
Durch die Stille gehen die lautesten Wege.
Monika Minder
Tipp 5 – Selbsthypnose
Die Selbsthypnose kannst du erlernen und selbst ganz alleine durchführen. Ich habe diese Hypnose in der Selzer-Klinik kennengelernt und mich sofort daran gefunden. Bereits nach einer Sitzung mithilfe des Psychologen war ich tiefenentspannt. Manchmal braucht es aber auch etwas Übung.
Selbsthypnose wirkt nachhaltig, wobei Entspannungstechniken nur für den Augenblick wirken. Beide Techniken sind wichtig und einen Weg zu mehr Achtsamkeit für dich.
Über die Hypnose kommst du in einen schlaf ähnlichen Zustand, eine Trance. Bekannt sind sie, dass Hypnotiseur sie mit dir durchführen. Dein Psychologe kann dir vielleicht auch dabei helfen.
Bleiben wir bei der Selbsthypnose, denn sie kann dir besser, mit Stresssituationen fertig zu werden, dass deine Konzentration gesteigert wird, Angstzustände beseitigen oder du bekommst mehr Selbstvertrauen.
Es gibt zahlreiche Literatur, hier eine Empfehlung des Psychologen der Selzer-Klinik. Am besten man erlernt sie ergänzend mit einem Fachmann*frau. Eine interessante Seite habe ich gefunden. Scrolle dort nach unten – es gibt eine Anleitung zur Selbsthypnose: Entspannung für den Erfolg: 6 Schritte zur Selbsthypnose .
Sei achtsam zu dir — tue dir was Gutes!
Tipp 6 – Achtsamkeit-Yoga
Da ich in meinen Bewegungen mittlerweile eingeschränkt bin, kommt für mich nur sanftes Yoga infrage. Die liebe Mady kennst du vielleicht bereits. Bei YouTube sind unzählige wunderbare Videos zum Nachmachen zu finden. Doch du solltest mit den Yoga-Übungen bereits vertraut sein. Als Anfänger empfehle ich einen Kurs zu machen, bevor du zu Hause auf der Matte turnen wirst. Falsche Anwendungen führen schnell zu Beschwerden und der Frust ist vorprogrammiert.
Achtsamkeit–Yoga schafft eine Verbindung zwischen dem körperorientierten Yoga und der Achtsamkeitslehre. Bei den Übungen werden für einen gewissen Zeitraum die Positionen gehalten. Dadurch werden Muskeln trainiert. Dabei übst du achtsam und spürst in die Übung hinein.
Wäre das etwas für dich: Achtsamkeit-Yoga?
Die Ausübung ist in sich selbst das perfekte Erwachen. Die Ausübung ist Erwachen, das Erwachen ist ohne Ende und die Ausübung ohne Anfang.
Meister Dogen, Lehrer des japanischen Zen-Buddhismus
Tipp 7 – Begegne achtsam einem Problem
Dieser Tipp ist nicht immer einfach umzusetzen, aber versuch es einfach. Dann gebe bitte nicht nach dem ersten Versuch auf. Lass dir Zeit! Dosiere diese Übung und nur, wenn ein tatsächliches Problem auftaucht, versuche meinen Tipp umzusetzen. Denn du solltest achtsam sein und dann findet dich auch dein Glück.
Konzentriere dich NUR auf ein Problem, das unangenehm ist oder du nicht weiterweißt. Suche dir einen ruhigen Ort, im Liegen oder sitzen. Mache es dir bequem. Schließe die Augen. Denke an dein Problem.
Was empfindest du, was fühlst du? Urteile nicht, sondern nehme es achtsam an. Es gehört zu dir, zu deinem Leben. Ärgere dich nicht wieder, immer wieder darüber. Frage dich, will ich das Problem lösen oder akzeptiere es? Lass diesen Gedanken auf dich wirken. Du musst in diesem Moment nichts entscheiden. Atme noch ein paar Mal tief ein und aus. Komme im hier und jetzt an.
Du bestimmst den Zeitpunkt — ob und wie du das Problem lösen oder ob du es akzeptierst und damit leben wirst.
Achtsamkeit und Glück
Ich denke, es ist genug gesagt worden, vielmehr geschrieben — 7 Tipps für dich — fange mit einem Punkt an und arbeite dich vielleicht weiter — auf jeden Fall wünsche ich dir, dass du damit anfängst — sei achtsam und glücklich!
Kommentiere gerne, denn deine Gedanken und Meinungen interessieren mich immer.
Herzlichst
Deine
8 Kommentare
Hallo Caro,
danke für den gelungenen Artikel!
Tipp 1 finde ich auch wahnsinnig wichtig: Morgens entspannt aufstehen, meditieren und dann entspannt einen Kaffee trinken. Das brauche ich mittlerweile einfach und lässt mich so viel besser in den Tag starten 🙂
Das mit dem achtsamen Essen finde ich auch wichtig. Gerade in unserer hektischen Welt und dem allgemeinen Schlingmodus finde ich das ehrlich gesagt allerdings etwas schwer. Dazu helfen mir immer mal wieder zwei Tipps:
1) Das Besteck zwischenzeitlich ablegen und so sich voll auf den Bissen im Mund konzentrieren. (Den Tipp habe ich vom Vipassana Lehrer Adriaan van Wagensveld)
2) Wenn die eigene Ungeduld zu groß wird, es wenigstens bei 1,2 Bissen probieren. Das kann man ja dann perspektiv etwas steigern.
Das nur als kleine Anregung.
Liebe Grüße
Steffen
Lieber Steffen,
danke dir für deinen sehr netten Kommentar und die beiden Anregungen. Leider schlinge ich auch oft, weil ich alleine am Tisch sitze.
Morgen beim Mittagessen werde an deine Tipps denken. Danke dafür.
Und – willkommen auf meinem Blog.
Liebe Grüße Caro
Toller Artikel und als erstes habe ich das am Morgen umgesetzt. Das tut gut am offenen Fenster morgens ein paar Atemübungen zu machen. Mit einer Freundin mache ich nun einmal die Woche abends zusammen Yoga. Sie hilft mir da erstmal weil ich noch unerfahren bin. Fühle mich wohl. Heute habe ich am Morgen selbst Yoga alleine gemacht.
Danke für die Tipps.
Liebe Grüße aus der Schweiz
Maja
Hallo Maja,
das freut mich sehr dass du meinen Artikel gut findest und sogar zwei Tipps umgesetzt hast. Bleibe am Ball.
Liebe Grüße aus Deutschland
Caro
Ein sehr inspirierender Artikel. Ganz wichtig: die Tipps sind nicht nur für MS-Kranke hilfreich, sondern für alle Frauen. Besonders für die, die bisher Anhänger des Multitaskings sind.
Vielen Dank für Ihren Kommentar, liebe Frau Dr. Franz. Bin durch jahrelange Abhängigkeit von Multitasking endlich geheilt.
Viele Grüße
Caro
Liebe Caro,
ich bin begeistert! Was für ein gelungener Artikel. Mit Deinen Tipps kann wirklich jeder einen Einstieg in sein achtsames Leben finden. So schön, dass Du an der Blogparade teilnimmst!
Alles Liebe
Annette
Liebe Annette,
das freut mich richtig denn du bist die Fachfrau. Herzlichen Dank.
Caro