Multiple Sklerose Was bedeutet Multiple Sklerose?

Diagnose PPMS – primär progredienter Verlauf – verstehen und handeln!

17. November 2023
Primär Progrediente Multiple Sklerose

Diagnose PPMS – primär progrediente Multiple Sklerose – ein MS-Verlauf, über den viel zu wenig gesprochen wird! Warum eigentlich? Nach meiner Meinung nach wird diese MS-Form in den sozialen Netzwerken zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt — zum einen ist sie seltener und auf der anderen Seite macht diese PPMS viele Angst. Es betrifft etwa 10 bis 1 5 % der MS-Betroffene im Vergleich zu der schubförmigen Verlaufsform (RRMS) von 85 bis 90% und der sekundär progredienten MS von 50 bis 60 % (SPMS).

Doch heute möchte ich euch diese Verlaufsform vorstellen. Denn auch diese MS-Betroffenen sollten wir nicht alleine lassen und mit ins Boot der 1000 Gesichter der Erkrankung mitnehmen. Sie unterstützen und füreinander dasein.

Was heißt PPMS und wie äußert sie sich?

PPMS, die primär progrediente MS, heißt im Englischen Primary Progressive MS. Es ist eine seltene Form der Multiple Sklerose und ca. 10 bis 15 % der Patienten sind betroffen. Bereits zu Beginn zeigt sich diese MS-Verlaufsform fortschreitend mit einer stetigen Verschlechterung der Symptome. Die Gesundheitsprobleme nehmen zu, sie bilden sich in der Regel nicht zurück und Schübe treten sehr selten auf.

In Deutschland leben schätzungsweise 20.000 bis 30.000 Patienten mit dieser Diagnose. Männer und Frauen sind etwa gleichermaßen betroffen und die Krankheit tritt meistens erst ab dem 40. Lebensjahr auf. Die Ursachen für diese Sachverhalte sind noch nicht erforscht. Erste Anzeichen der PPMS sind oftmals Gangstörungen.

Gründe und Auslöser der PPMS

Ähnlich wie bei der schubförmigen MS (RMS) ist eine Neurodegeneration, das heißt, Nervenzellen sterben ab und Nervengewebe wird dadurch geschädigt. Die Ursachen sind noch nicht vollständig bekannt. Zumindest weiß man heute, dass Entzündungen im Zentralen Nervensystem (ZNS) verantwortlich sind für die Nervenschädigungen.

Ursachen dieser chronischen Entzündungen sind das Immunsystem. Eine Fehlsteuerung dieses Systems sorgt dafür, dass körpereigene Immunzellen, die B- und T-Zellen, die das Rückenmark und Gehirn angreifen. Mittlerweile gibt es einige neuere medikamentöse Therapien, die gezielt auf diese Fehlsteuerung des Immunsystems einwirken können.

Das fehlgesteuerte Immunsystem

Seit einigen Jahren wissen die Fachleute, dass nicht nur die T-Zellen alleine für die Entzündungen im ZNS verantwortlich sind, sondern dass auch die B-Zellen eine entscheidende Rolle spielen. Denn B-Zellen können T-Zellen aktivieren und entzündliche Botenstoffe freisetzen. Diese bilden Antikörper, die sich fälschlich gegen die körpereigenen Strukturen, die Myelinscheiden, richten.

Im Verlauf der Erkrankung gelingt es dem Körper weniger, diese Myelinscheiden zu reparieren. Eine Ursache bei der PPMS, dass es zu Verschlechterungen der Symptome kommt.

Eine Vermutung der Wissenschaftler

Der Unterschied der Entzündungen zwischen PPMS und RMS könnte in der Funktion der Blut-Hirn-Schranke liegen. Bei der PPMS ist diese Schranke weitreichend intakt, wobei bei der schubförmigen Verlaufsform (RMS) diese an den entzündlichen Herden (Läsionen) gestört ist.

Wie du vielleicht weißt, kontrolliert die Blut-Hirn-Schranke den Austausch von Stoffen aus dem Blut ins ZNS; schützt es vor schädlichen Erregern. Normalerweise ist sie undurchlässig. Durch die Störungen der Blut-Hirn-Schranke wandern fehlgeleitete Immunzellen durch und gelangen ins ZNS. An dieser Übertrittstelle bewirken sie die Bildung und Läsionen (Entzündungsherde). NICHT so bei der PPMS.

Die Entzündungen bei der PPMS sind nicht abhängig vom Einwandern der Entzündungszellen, sondern bestimmen vorhandene Immunzellen im ZNS (Zentralen Nervensystem) den Verlauf der Entzündungen. Das Geschehen spielt also hinter der relativ intakten Blut-Hirn-Schranke statt. Ein Grund, warum diese Entzündungen durch Therapien so schwer behandelbar sind. Die meisten der zur Verfügung stehenden Medikamente können eine intakte Schranke schwer überwinden.

Symptome eine primär progredienten Multiplen Sklerose (PPMS)

Wie bei dem schubförmigen MS-Verlaufsform kann es zu den gleichen Symptomen auch bei der primären kommen, wie Blasenstörungen, Spastiken, Sehnervenentzündungen.

Typische erste Anzeichen bei einer PPMS sind aber eine verkürzte Gehstrecke, Fatigue und verminderte Konzentrationsfähigkeit. Vordergründig steht bei ca. 85 % der Betroffenen die Gangstörung. Vermutet wird, dass sich Läsionen häufig im Rückenmark bilden.

Zusätzlich wird beobachtet, dass Symptome wie Blasenstörungen, Depressionen und kognitive Störungen sich häufen.

Ursachen einer PPMS sind möglich:

Wie bei allen anderen Verlaufsformen einer MS sind auch bei der PPMS die Ursachen unbekannt, aber es gibt Begünstigungen, die Wissenschaftler vermuten. Eine Rolle könnte eine genetische Komponente sein, die eine Entstehung einer MS begünstigen, außerdem bestimmte Bakterien- und Virusinfektionen, ein Vitamin-D-Mangel und verschiedene Umweltfaktoren.

Diagnose PPMS

Wie bei der schubförmigen Verlaufsform RMS) werden verschieden Untersuchungsverfahren durchgeführt: Anamnese, körperliche Untersuchungen, Messungen der evozierten Potenziale, Laboruntersuchungen vom Blut und Liquor (gewonnen durch eine Lumbalpunktion).

Herausforderungen und spezielle Sachverhalte

Eine PPMS zu diagnostizieren, weißt du eventuell aus eigener Erfahrung, ist oft schwieriger als eine RMS-Diagnose zu stellen. Durch den schleichenden Verlauf kann es zu einer Fehldiagnose kommen, wie die Einstufung in eine schubförmige MS oder gar andere Erkrankung.

Wobei der Therapiebeginn hier entscheidend ist, um die Entzündungen und die damit verbundenen Nervenschäden auszubremsen. Der resultierende Gewebeverlust ist charakteristisch bei der primären Form und führt zwangsläufig mit dem Fortschreiten der Krankheit zu körperlichen Einschränkungen.

Nach Ausschluss anderer Erkrankungen wird dein Neurologe anhand der McDonald-Kriterien beurteilen, ob du eine Primär Progrediente Multiple Sklerose hast: mehr als 12 Monate deine MS fortschreitet UND zwei der folgenden Kriterien zutrifft:

  • mindestens eine Läsion in einem festgelegten Hirnbereich (mit MRT nachgewiesen) 
  • mindestens 2 Läsionen im MRT des Rückenmarks
  • erhöhte Antikörpermengen, wie bspw. oligoklonale Bande oder entzündliche Veränderungen

Medikamentöse Therapie bei PPMS und und Behandlungen der Symptome

Die Behandlung einer PP-MS-Verlaufsform ist niederschmetternd. Seit Jahren gibt es eine B-Zellen-depletierende Therapie zur Verfügung. Andere nicht für die PPMS zugelassenen Medikamente (“off label”) sind Einzelfallentscheidungen der behandelnden Ärzte und zeigen mäßige Erfolge.

⇒Bitte spreche über dieses Thema mit deinem Arzt; ich darf keine Aufstellung und Empfehlungen geben.

Positive Unterstützung und Behandlung der Symptome

Für Neudiagnostizierte, denn viele länger Betroffene kennen sicher einiges, doch gerne könnt ihr mir unter dem Beitrag schreiben, was ihr gerne an Tipps an uns weitergeben möchte:

  • regelmäßige Physiotherapie (Sporttherapie, wenn noch möglich)
  • Blasentraining
  • regelmäßige Kontrolle des Vitamin-D, um einen Mangel vorzubeugen
  • Stressvermeidung und eine gesunde ausgewogene vitamin- und mineralstoffreiche Ernährung
  • Ergotherapie
  • Logopädie
  • Gesprächstherapie (psychologische Unterstützung)
  • Entspannungstechniken wie Yoga, Tai Chi, Feldenkrais
  • Rehabilitation (Kompaktprogramm für deine Seele und deinen Körper)
  • Komplementäre Therapien wie Akupunktur, Craniosacrale Therapie, Osteopathie

Die Diagnose PPMS ist eine Herausforderung für den Betroffenen und seine Angehörige. Das möchte ich nicht klein reden, aber auch keine Angst machen.

Mein heutiger Artikel soll dir helfen informiert zu bleiben, dass DU mitentscheidest, wie das Leben und dein Alltag mit der Multiple Sklerose aussieht.

Mir ist bewusst, wir alle können nur bedingt Einfluss nehmen, aber bitte versuche es. Informationen und Kenntnisse über die eigene MS ist die halbe Miete!

„Oft muss man stark sein, wenn man etwas verändern möchte. Aber noch stärker muss man sein, wenn man akzeptieren muss, dass sich das Leben von einem auf den anderen Tag ändert.“

Lass uns in Verbindung treten oder kommentiere und teile gerne.

Deine

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2 Kommentare

  • Antworten Annette Dr. Pitzer 22. Dezember 2023 at 12:46

    Liebe Caro,
    Deine Worte „Oft muss man stark sein, wenn man etwas verändern möchte. Aber noch stärker muss man sein, wenn man akzeptieren muss, dass sich das Leben von einem auf den anderen Tag ändert.“ haben mich tief berührt. Diese Stärke zu entwickeln, ist gar nicht so einfach, oder? Aus meiner Erfahrung entwickelt sie sich im Laufe der Zeit, bei denjenigen, die nicht gewillt sind sich unterkriegen zu lassen.
    Alles Liebe
    Annette

    • Antworten frauenpowertrotzms 22. Dezember 2023 at 23:03

      Liebe Annette,

      es hat Jahre gedauert bis ich eine gewisse Stärke entwickelt hat, natürlich knickt man immer wieder ein.
      Ich wünsche dir ein gesegnetes und frohes Weihnachtsfest!
      Liebe Grüße
      Caro

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