Multiple Sklerose

Grad der Behinderung (GdB): Schwerbehindertenausweis beantragen

10. September 2023
GdB und Behindertenausweis

Schwerbehindertenausweis – was ist das? Ganz einfach! Ich erkläre es dir, denn ich habe durch die Multiple Sklerose (MS) selbst ein Grad der Behinderung und stellte einen Antrag auf einen Schwerbehindertenausweis kurz nach meiner Diagnose. Denn es bietet dir einige Vorteile. Aber später mehr dazu!

Warum gerade bei MS einen Grad der Behinderung feststellen lassen?

Unsere Diagnose MS kann unser Leben ganz schön auf den Kopf stellen. Nicht nur im privaten, auch im beruflichen und gesellschaftlichen Leben. Herausforderungen sind oft an der Tagesordnung.

Gut, dass es in Deutschland jedoch Unterstützung gibt und man erstmal ein Grad der Behinderung feststellen lassen sollte, damit man später den Schwerbehindertenausweis beantragen kann. Er ist für uns mit MS oft von entscheidender Bedeutung.

Der Grad der Behinderung (GdB): Was ist das?

Der Grad der Behinderung (GdB) ist ein Maß, die den Schweregrad einer Behinderung oder gesundheitlichen Beeinträchtigung einer Person beziffert. Diese Behinderungen können sein: körperliche, geistige, seelische und soziale Auswirkungen einer Funktionsbeeinträchtigung aufgrund eines Gesundheitsschadens. Eine Behinderung wird klar in Neunten Sozialgesetzbuch (SGB IX) definiert.

Für Menschen mit Multipler Sklerose spielt der GdB eine wichtige Rolle, denn dadurch kannst du einen Schwerbehindertenausweis beantragen und der ermöglicht dir weitere Beantragungen von Unterstützungsleistungen zu stellen.

Viele von uns können nicht mehr arbeiten und deswegen verweise ich immer auf solche Anträge und angemessene Unterstützungen. Solltest du eine Ablehnung bekommen, dann gehe unbedingt in den Widerspruch! Solltest du Mitglied im VDK sein, denn kontaktiere diesen Verband und lasse dir helfen!

 

Wie wird der GdB eingeteilt!

Der Grad der Behinderung wird zwischen 20 und 100 eingeteilt. Er wird in Zehnerschritten gestaffelt und nicht in Prozente sondern einfach nur als Zahl angegeben. Höhere Werte weisen auf eine schwerwiegendere Behinderung hin. Der GdB wird individuell festgelegt und berücksichtigt verschiedene Aspekte der Beeinträchtigung, darunter körperliche, geistige, psychische und soziale Einschränkungen.

 

Wie wird der GdB festgelegt?

Die Feststellung des GdB erfolgt in der Regel durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MD) oder die Versorgungsämter der Bundesländer. Dabei werden verschiedene Faktoren berücksichtigt:

  1. Medizinische Befunde: Die Ergebnisse ärztlicher Untersuchungen und Diagnosen spielen eine entscheidende Rolle. Für Menschen mit MS ist es wichtig, alle relevanten medizinischen Dokumente und Gutachten vorzulegen.

  2. Alltagsbewältigung: Es wird festgestellt, wie gut du deinen Alltag bewältigen kannst. Solltest du noch arbeiten, wird auch dieser Punkt besprochen. Bei beiden Aspekten werden Mobilität, Selbstversorgung und die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben berücksichtigt.

  3. Psychosoziale Faktoren: Nach psychischen und sozialen Einschränkungen aufgrund der MS wird gefragt und fließt in die Bewertung ein. Dies kann beispielsweise die Fragen nach Depressionen und somit die emotionale Stabilität beinhalten, aber auch die Fähigkeit zur sozialen Interaktion.

  4. Therapie- und Rehabilitationsmaßnahmen : Die Inanspruchnahme von Therapie- und Rehabilitationsmaßnahmen wird ebenfalls berücksichtigt, da sie Einfluss auf den GdB haben kann. In manchen Situationen werden im Zuge der Feststellung Rehabilitationsaufenhalte empfohlen.

 

Wie entsteht die Zahl des GdB?

Liegen mehrere Erkrankungen oder Beeinträchtigungen vor, dann werden nicht einzelne Behindertengrade zusammengerechnet sondern entscheidend für den Gesamt-GdB ist, wie sich einzelne Funktionsbeeinträchtigungen zueinander in der Gesamtheit auswirken.

Beim Antrag solltest du Beeinträchtigungen im Alltag möglichst genau beschreiben, welche deine diversen Krankheiten Einfluss und Auswirkungen haben. Lege ärztliche Atteste und Befunde seit der Diagnosen bei. Solltest du schon länger eine Erkrankung haben, dann evtl. die Befunde der letzten 5 Jahre und die letzten Klinikaufenthalte. Gebe immer alle behandelten Ärzte mit Adressen an! 

Warum ist ein GdB für und mit Multiple Sklerose wichtig?

Vorteile eines Schwerbehindertenausweises

Der Schwerbehindertenausweis bietet zahlreiche Vorteile für Menschen mit MS. Dazu gehören:

  • Ermäßigungen: Ermäßigungen bei öffentlichen Verkehrsmitteln, kulturellen Veranstaltungen und vielen anderen Angeboten können in Anspruch genommen werden.

  • Arbeitsrechtliche Schutzmaßnahmen: Menschen mit Schwerbehindertenausweis genießen einen besonderen Kündigungsschutz und haben Anspruch auf angemessene Arbeitsplatzanpassungen, um ihre Beschäftigungsfähigkeit zu erhalten.

  • Steuerliche Vorteile: Steuerliche Vergünstigungen können Menschen mit Schwerbehindertenausweis nutzen, wie etwa Steuerfreibeträge.

  • Parkausweise: Für Menschen mit eingeschränkter Mobilität kann ein Parkausweis mit dem Merkzeichen „aG“ (außergewöhnliche Gehbehinderung) eine große Erleichterung im Alltag sein.

Der GdB hat für behinderte Menschen eine weitreichende Bedeutung, da er den Zugang zu verschiedenen Unterstützungsleistungen und Vergünstigungen ermöglicht

  • Schwerbehindertenausweis: Ab einem GdB von 50 haben Menschen mit MS Anspruch auf einen Schwerbehindertenausweis.

Dieses Ausweis bietet zahlreiche Vorteile, wie beispielsweise Ermäßigungen bei öffentlichen Verkehrsmitteln, Steuervorteile, Rundfunkbefreiung, Freifahrten mit der Bahn oder eine Kfz-Steuerermäßigung, bei der Hundesteuer, finanzielle Hilfe bei Blinden und Gehörlosen. Das Versorgungsamt kann dich ausführlich darüber beraten.

  • Arbeitsplatzschutz: Der GdB kann dazu beitragen, notwendige Anpassungen und Unterstützung am Arbeitsplatz zu erhalten und den Arbeitsplatz langfristig zu sichern.
  • Therapie und Rehabilitation: Ein höheres GdB kann den Zugang zu spezialisierten Therapien und Rehabilitationsmaßnahmen erleichtern, die nicht nur für Menschen mit MS von großer Bedeutung sind.
  • Pflegeleistungen: Menschen mit einem hohen GdB haben unter Umständen Anspruch auf Pflegeleistungen und Unterstützung im Alltag. Sie haben eventuell Anspruch auf einen Pflegegrad!

Schwerbehindertenausweis

Der Schwerbehindertenausweis ist ein offizielles Dokument, das die Anerkennung einer Schwerbehinderung bestätigt. Auf dem Ausweis steht: Gültigkeit, festgestellten GdB sowie weitere Merkzeichen, die die Art und den Umfang der Beeinträchtigungen beschreiben.

Der Ausweis dient als Nachweis und ermöglicht es Menschen mit MS, ihre Rechte und Ansprüche geltend zu machen.

Merkzeichen im Schwerbehindertenausweis

Zusätzlich zum GdB können im Schwerbehindertenausweis bestimmte Merkzeichen vermerkt werden. Diese Merkzeichen können sein:

Merkzeichen wie „G“ für eine erhebliche Gehbehinderung oder „B“ für die Berechtigung zur Mitnahme einer Begleitperson im öffentlichen Nahverkehr oder Merkzeichen „aG“ außergewöhnliche Gehbehinderung. Weitere sind „H“ für Hilflosigkeit und „BI“ für Blindheit.

Die Vergabe der Merkzeichen erfolgt ebenfalls durch den MD oder den Ärztlichen Dienst des Versorgungsamtes.

Wie beantragt man einen Schwerbehindertenausweis?

Die Beantragung eines Schwerbehindertenausweises ist recht einfach, sieht man von der deutschen Bürokratie ab. Meine aufgeführten Vorteile kannst du somit nutzen.

Folgende Schritte zur Antragstellung:

  1. Einen Antrag stellen auf Feststellung des GdB und die Ausstellung eines Schwerbehindertenausweises — den Antrag erhältst du beim Versorgungsamt deiner Stadt oder Kreis oder auch online auf der Website des Versorgungsamtes.

  2. Damit das Amt ein ärztliche Gutachten erstellen kann, musst du alle medizinischen Unterlagen beifügen, die deine Erkrankung(en) und Behinderung nachweist. Dazu gehören ärztliche Befunde, Untersuchungsberichte und ggf. Gutachten des behandelnden Neurologen.

Der Gutachter kann notfalls ebenfalls Befunde anfordern, deswegen ist es sehr wichtig, dass du alle Ärzte und Kliniken mit Adressen angibst!

  1. Anhörung und Begutachtung: Dieser Punkt ist wie ein Lotteriegewinn oder auch leider belastend!  In der Regel erfolgt eine Anhörung durch den MD oder den Ärztlichen Dienst des Versorgungsamtes. Hierbei wird geprüft, inwiefern deine Erkrankung deinen Alltag beeinflusst und welcher GdB festgelegt werden sollte — mein Rat: Sei du selbst und bitte untertreibe nicht. Denn viele Menschen haben oft Angst und sind nervös bei solchen Terminen. Berichte alles Belastendes und beschönige nichts!

  2. Jetzt heißt es oft Geduld haben bis der Bescheid in deinem Briefkasten landet: Nach der Prüfung erhältst du einen Bescheid, in dem der Grad der Behinderung (GdB) und eventuelle Merkzeichen vermerkt sind. Wird dein Antrag abgelehnt, dann ab in den Widerspruch!

  3. Bei positiven Bescheid kannst du jetzt einen Schwerbehindertenausweis beantragen: Zuständig sind unterschiedliche Behörden je nach Bundesland.  

 

Fazit zum GdB und Schwerbehindertenausweis

Der Grad der Behinderung (GdB) ist in meinen Augen sehr wichtig, damit man trotz täglichen Einschränkungen durch die MS oder einer anderen chronischen Erkrankung Unterstützungsleistungen und Vergünstigungen bekommen kann. Ebenso können dadurch Lebensqualität und die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben verbessern werden.

Deswegen gehe in den Widerspruch bei einem negativen Bescheid. Es ist nicht unsere Schuld, dass wir krank sind. Wir haben genauso Rechte wie gesunde Menschen. Vergesse das nie!

Inklusion leben, mein Motto und meine Ambition, dich dabei zu unterstützen!

 

Deine

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5 Kommentare

  • Antworten Kristin 26. Februar 2024 at 20:14

    Liebe Caro,
    das klingt ja alles ganz prima, aber das Problem bei der MS ist ja gerade, dass sie nicht so einfach in das Schema F der versorgungsmedizinischen Grundsätze einzuordnen ist. Ich bekam auf meinen Antrag 30 zugesprochen, nach dem Widerspruch 40. Dann habe ich auf Schwerbehinderung geklagt. Ich musste zum Gutachter. Der hat mich über drei Stunden durch den Fleischwolf gedreht und dann festgestellt, dass ich leider nicht behindert genug bin für einen GdB von 50! Die Tests hätten zwar eine schwere bis sehr schwere Fatigue ergeben, aber so lange ich noch in der Lage wäre arbeiten zu gehen, könne es ja noch nicht so schlimm sein. Dass das für mich den Preis hat, dass ich außer Arbeit und Schlafen und ein bisschen Haushalt kein Leben mehr habe, weil mir dazu die Kraft fehlt, hat ihn nicht interessiert. Auch meine Probleme bei der sonstigen Alltagsbewältigung haben ihn nicht die Bohne gekümmert. Er hat zwar alles in das Gutachten reingeschrieben (“Die Patientin gibt an, dass…” “Sie sagt, dass…”, was das ganze gleich wieder relativiert, weil man Fatigue eben nicht objektiv mit einem “Fatigue-o-Meter” messen kann), aber es ist nichts davon in sein abschließendes Fazit eingeflossen. Wie soll ich denn meine Erschöpfung beweisbar machen??? Das Gericht liest nur das Fazit und damit wurde mein Ansinnen abgelehnt und ich zur Rücknahme meiner Klage aufgefordert. Nun habe ich keinen Ausweis und ohne Ausweis kein Sitzplatz in der S-Bahn, kein Extra-Schalter, an dem man nicht so lange anstehen muss, kein Euro-WC-Schlüssel, kein zusätzlicher Urlaub… – all die Dinge, die mein alltägliches Leben erleichtern würden! Nur weil ein mutmaßlich gesunder junger Mann findet, dass ich nur zu arbeiten aufhören müsse und schon hätte ich genug Zeit, mich auszuruhen! Er meinte allen Ernstes “Im Alter braucht man ja eh nicht mehr so viel Geld”, als ich sagte, dass ich noch gegen meine Rentenlücke anarbeiten muss! Das steht natürlich nicht im Gutachten, aber mit dieser Grundeinstellung ist völlig klar, dass meine Klage abgeschmettert wurde. Ich bin so bedient! Man ist so einem Typen ohne Empathie komplett ausgeliefert und kann einfach NICHTS dagegen tun!!! Ich könnte abwechselnd platzen vor Wut und heulen.
    So kann es leider auch laufen mit dem GdB!
    LG

    • Antworten frauenpowertrotzms 11. März 2024 at 22:19

      Liebe Kristin,
      furchtbar, was ich gerade von dir gelesen habe und tut mir unendlich leid. Hast du sogar die 30 bzw. 40% nicht anerkannt bekommen?
      Es kann auch so laufen, wie bei dir. Nur nicht-kompetente Menschen auf die du getroffen bist. Ich würde es trotz allem in einem Jahr es noch einmal probieren. Erstmal warte ich auf deine Antwort meiner Frage…
      LG Caro

    • Antworten frauenpowertrotzms 18. August 2024 at 20:02

      Liebe Kristin,

      Das ist echt niederschmetternd und sorry, zum kotzen.
      Ich würde an deiner Stelle trotzdem nach knapp einem Jahr wieder ein Verschlechterungsantrag f GdB stellen und deinen Arzt ins Boot holen. Und außerdem versuchen noch neurophysilogisch untersuchen zu lassen, ambulant oder in einer Reha. Die haben Möglichkeiten eine Fatigue einzustufen und zu belegen. Fatigue ist so schwer fassbar. Hast du keine andere Symptome dass man hier noch was begründen kann? Leider weiß ich zu wenig über dich. Bitte gebe nicht auf!!!
      LG Caro

  • Antworten Gabi Kübel 29. Januar 2024 at 12:31

    Deine positive Einstellung und der Fokus auf Empowerment sind wirklich inspirierend. Es ist schön zu sehen, wie du anderen Mut machst und zeigst, dass trotz Herausforderungen ein erfülltes Leben möglich ist.

    Vielen Dank für deinen Einsatz und dafür, dass du solche wichtigen Informationen teilst. Dein Blog ist eine echte Bereicherung für die Gemeinschaft.
    Liebe Grüße,
    Gabi Kübel

    • Antworten frauenpowertrotzms 29. Januar 2024 at 17:01

      Vielen herzlichen Dank für deine lieben Worte. So ein Lob tut gut und spornt an.
      Alles erdenklich Gut!
      Liebe Grüße Caro

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