Unterstützer im Haushalt
Kennst du die “Löffel-Theorie”, engl. Spoon-Theory?
Um überhaupt meinen heutigen Artikel zu verstehen, möchte ich dir gerne die Löffel-Theorie erklären. Falls du sie noch nicht kennst.
Diese Theorie verdeutlicht, warum ich Unterstützer und Energiesparer als Überschrift gewählt habe — nicht nur im Haushalt ebenso in der Freizeit, beim Arbeiten und dem Umgang deiner Erkrankung.
Unsichtbare Handicaps schränken genau wie sichtbare chronisch erkrankte Menschen ein. In vielen Bereichen des täglichen Lebens. Leider nimmt man sichtbare eher wahr und fragt bei unsichtbaren Symptome den Betroffenen: “Du siehst gar nicht krank aus!”
Löffel-Theorie
Die „Spoon-Theory“ entstammt von der amerikanischen Lupus-Expertin und Bloggerin Christine Miserandino. Sie saß mit ihrer Freundin in einem Café, die fragte sie nach ihrem Leben und Tag mit ihrer Erkrankung Lupus.
Christine erklärte ihr Gedankenexperiment mit Löffeln, die für Energie stehen. Um es kurz zu machen, Gesunde besitzen oft unbegrenzte Energie, unbegrenzte Löffel (bei Chris sind es 12 Löffel) UND bei chronisch Erkrankten sind die Löffel oft begrenzt oder es gibt zu wenige, weil die Energie bereits mittags aufgebraucht ist. Oder sie verausgabten sich den Tag zuvor, dass am folgenden nur 10 Löffel zur Verfügung stehen.
Ich versuche die Löffel-Theorie auf unseren Alltag mit Multiple Sklerose zu übertragen. Etwa 70 leiden unter dem unsichtbaren Symptom FATIGUE. Bist du auch dabei in den Championsliga? Manchmal bin ich so erschöpft, dass der Tag mehr aus schlafen und herumsitzen besteht.
Die Löffel als Energieeinheiten übertragen auf die/meine MS
Nehmen wir mal an, wir haben wie Christine 12 Löffel am Tag zur Verfügung. Kein Problem für einen Gesunden. Sollte sie ihm nicht reichen, dann nimmt er einen vom nächsten Tag und ruht sich etwas aus. Schwups, hüpft er voller Energie wieder durchs Leben.
Leider nicht so bei Menschen mit MS. Ich muss mir meine Löffel heute gut einteilen. Noch vor Jahren stahl ich mir auch Löffel von einem anderen Tag und irgendwann war das Löffel-Chaos perfekt. Ende im Gelände.
Morgens
Mein Tag beginnt mit 12 Löffel: Einen brauche ich fürs Frühstück, Rollläden hochziehen und bereits fürs Anziehen und den Badezimmerbesuch benötige ich den nächsten Löffel. Die nächste Energieeinheit ist fällig.
Therapie, wie Physio oder Ergo kostet mich einen Löffel, eine Doppelstunde Physio sogar zwei. An den Tagen ohne Therapie nehme ich einen Löffel fürs Einkaufen. Mittagessen kochen erneut einen Löffel. Danach bin ich platt, da hilft einfach an vielen Tagen nichts außer schlafen. Selbst für diesen brauche ich einen Löffel, da ich irgendwie wieder auf die Beine kommen muss.
Später Vormittag/Nachmittag
Viele Löffel gehen auch an den Haushalt, Treffen mit Freundinnen, Besuche bei meinen Eltern und ans Autofahren. Letztere gehen je nach Fahrstrecke ein bis zwei Löffel. Und mitten am Tag oder gegen Abend stehen einfach keine Löffel mehr zur Verfügung. Aus die Maus, besser gesagt alle Energieeinheiten sind verbraucht.
Kurz zusammengefasst
Ein Mensch mit MS oder einer chronischen Erkrankung hat eine begrenzte Menge an Energie täglich zur Verfügung. Die kannst du dir mit zwölf Löffel vorstellen. Sind alle zwölf verbraucht, in der Spülmaschine hängen geblieben oder auf den Boden gefallen – dann hast du Pech gehabt.
Ein Gesunder besitzt die gleiche Anzahl an Löffel, doch macht er eine Pause, füllt sich sein Energiehaushalt – die Box an Löffel steigt wieder.
Ich habe dir einmal in einem kleinen Reel die Löffel-Therapie (Spoon-Theory) veranschaulicht.
Ursachen erkennen und handeln
Hast du die Ursachen erkannt oder kannst sie besser benennen, dann hast du die Möglichkeit gut deine Löffel einzuteilen. Manche Aktivitäten kosten viele Löffel und somit viel Energie. Wäge also gut ab.
Du solltest als Gewinner hervorgehen, nicht die anderen. Bei der Abwägung stehst du an erster Stelle. Denn die anderen können ihre Besteckkörbe immer wieder am Tag neu auffüllen. So leid es mir tut – DU NICHT! Und ich auch nicht.
Genügend Löffel für den Alltag – Tipps, Anregungen und Erfahrungen
Ich gebe dir heute einmal ein paar Tipps von mir, die ich anwende oder meine Unterstützer im Haushalt, damit ich am Tag nicht zu viele Löffel vergeude. Außerdem kommen auch ein paar Anregungen aus der MS-Community.
Die Hoffnung ist der große Löffel Honig
im manchmal bitteren Tee des Lebens.(Lilli. U. Kreßner)
Löffel für den Haushalt
- Haushaltsplanung in der Familie, bei Singles gibt es ebenfalls Möglichkeiten! Bespreche deine Woche und teilt auf, wer und wann jemand putzt, einkauft oder sonstiges tätigt. Hast du Freunde oder Nachbarn, die du eventuell auch mit einbeziehen kannst?
- Genügend Zeit vor einem Termin einplanen, damit du nicht Stress gerätst. Wird oft unterschätzt.
- Lieferdienst vom Supermarkt für Getränke. Funktioniert natürlich mit Lebensmitteln auch, gerade wenn du alleine lebst!
- Bügeln im Sitzen, das mache ich oder mit einer Bügelmaschine bügeln, dieser Tipp kam aus der Community. (Da ich so viel vergesse, kaufte ich mir vor über 12 Jahren bereits ein Bügeleisen, das bei nicht-benutzen sich automatisch ausschaltet. Wer will schon seine Wohnung brennen sehen.)
- Kostet zwar nicht direkt ein Löffel, aber bei einem Brand vielleicht doch Monate an Löffel: elektrische Kerzen. Sehen mittlerweile gar nicht so schlecht aus, aber auch hier gilt für mich, Vorsicht beim Adventskranz!
- Staubsaugerroboter – hier sind im Preis und Funktion keine Grenzen gesetzt. Mit meinem Staubroboter bin ich sehr zufrieden und empfehle ihn gerne, aber ohne Gewähr. Hast du einen Garten und Rasen, dann kauf dir einen Rasenmähroboter. Meine Freundin teilt ihren mit der Nachbarn.
- Vorkochen, zumindest esse ich zwei Tage hintereinander das Gleiche und koche ich größere Mengen, gefriere ich mir Portionen ein.
- Fenstersauger – eine kleine Unterstützung habe ich (Nr. 3 der Tabelle von Kärcher), die Auswahl ist riesengroß.
- Dieser Tipp kam aus der Community: der Nicer Dicer zum Schnippeln. Wurde öfters genannt und ist anscheinend eine gute Unterstützung.
- Elektrik statt self made: In vielen Haushalten hat der Thermomix Einzug gehalten oder ähnliche Geräte. Für mich persönlich nicht das Richtige, aber es gehört auf die Liste zum Löffel-sparen einfach dazu.
- Weißt du eigentlich, dass man fast alles in der Geschirrspülmaschine spülen kann? Weniger mit der Hand spülen und stopfe auch Töpfe in die Maschine.
- Waschmaschine mit Trockner – alles in einem! Ich habe keine Erfahrungen damit, doch Freundinnen von mir finden es als Arbeitserleichterung.
Ich spüle erst dann, wenn kein Löffel
mehr zum Brot schneiden vorhanden ist.
(Kaufdex.com)
Löffel bei der Arbeit
Viele von uns arbeiten noch. Da bin ich auf eure Tipps angewiesen, kommentiert gerne, dann füge ich eure Ratschläge ein.
- Durch die Corona-Pandemie hat sich der Home office durchgesetzt. In meinem Beruf als MTA wäre dies unmöglich, aber vielleicht hast du diese Möglichkeit. Firmen und Arbeitgeber sparen hier nette Sümmchen und bevor du erwägst in Rente zu gehen, dann lass dir das mal durch den Kopf gehen. Keiner zu Hause sieht morgens, ob du um 10:00 immer noch im Pyjama am PC sitzt 🙂
- Es gibt tolle Aufnahmeprogramme und Diktiergeräte für deinen PC, wenn du nicht mehr richtig schreiben kannst. Leider ging mein Diktierprogramm zum Bücher schreiben verloren, da mein Laptop verstarb. Plötzlich und unerwartet.
- Um beim Arbeiten Löffel zu sparen und so wenig als möglich welche zu vergeuden, heißen die Zauberwörter Planung, Strukturierung und Zeitmanagement. Da muss leider selbst jeder ran.
Löffel für die Freizeit und Krankheit
- Wegstrecken und Aktivitäten in der Freizeit: Aus eigener Erfahrung weiß ich, wenn einem keiner mitnimmt, weil man keine Kilometer mehr laufen kann, geschweige unter 500 m nur noch möglich sind. Lebst du alleine, dann steht die Freizeit oft auf der Kippe. DESWEGEN mein Tipp. Das Zauberwort heißt Hilfsmittel. Ich weiß, hört niemand gerne, wenn er plötzlich Gehstock, Rolli oder Rollstuhl benötigt. Doch möchtest du weiterhin aktiv sein, ob mit oder ohne Familie, dann führt kein Weg daran vorbei!
Inklusion und Barrierefreiheit in Deutschland stecken teils noch in Babyschuhen, doch es gibt bereits genügend Freitzeitsmöglichkeiten wenn man lange genug gräbt, d.h. frage bei deiner Stadtverwaltung nach oder recherchiere im Internet.
- Nach einem Arztbesuch in der Apotheke sind deine Medikamente nicht vorrätig. Kein Problem. Lass sie dir liefern oder was ich nicht mehr mache. Bestelle in einer Versandapotheke.
- Lass dein Auto umrüsten. Solltest du noch berufsfähig sein, dann stelle einen Antrag bei der Rentenversicherung, nachdem du recherchiert und dich beraten lassen hast. Es gibt Spezialautofirmen. Beziehst du einen Pflegegrad ist die Umrüstung oft nicht mehr so billig, da nur ein Teil der Kosten übernommen wird. Es ist ein riesengroßes breitgefächertes Thema und ich kann hier nicht darauf eingehen. Hier ein erster kleiner Überblick. Google bitte selbst.
- Nimm die Bahn statt das Auto. Seit Jahren nutze ich für längere Strecken ein Bahnticket. Da der Mobilitätsservice kostenlos ist, ebenso dein Sitzplatz, komme ich meistens entspannt an. Natürlich nervt die Deutsche Bahn mich oft genug, doch lieber mit Verspätung ankommen, als zu Hause versauern.
- Recherchiere gut, und zwar gib alles, wenn du mit Hilfsmitteln verreisen tust. Ein paar Beiträge veröffentlichte ich in der Rubrik “Reisen mit Handicap“. Zwar bin ich bereits alleine schon öfters in Urlaub gefahren, doch so wirklich empfehlen kann ich es nicht. Dieses Jahr begleitete mich mein Sohn nach Sizilien. Mit Rollstuhl und Zuggerät per Flug und ein Land, in dem Barrierefreiheit ein Fremdwort ist, war es eine sehr gute Entscheidung, Unterstützung von ihm zu bekommen. Ohne, undenkbar!
Nächstes Jahr geht es für mich über Airbnb in die Schweiz, da dieses Land für mich sonst nicht bezahlbar wäre. Ich werde dann selbst kochen, was mich nicht stört. Bei der Recherche, welcher Ort flach ist, in der Nähe eines Sees liegt und umringt von hohen Bergen, kam ich auf das Städtchen Stans. Gebucht habe ich eine kleine Ferienwohnung ebenerdig, direkt mit Stellplatz an der Terrasse und tatsächlich ist die Wohnung barrierefrei, auch das Badezimmer. Der See, mit Rolli in nur 300 m Entfernung zu erreichen. Es gibt fußläufig Einkaufsmöglichkeiten, Cafés, barrierefreie Busse und ebenso sind die Bergbahnen behindertengerecht. Ich werde berichten!
Welche Tipps und Anregungen hast DU für mich, für uns?
Scheue dich nicht zu kommentieren, denn ich werde dann den Tipp einpflegen, damit wir alle uns gegenseitig unterstützen können und helfen!
Mach′s gut, bis bald!
Deine
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2 Kommentare
Liebe Caro, was für ein toller Beitrag!Die Erklärung mit der Löffeltheorie ist wirklich schön erklärt und für Menschen die gesund sind auch hilfreich es zu verstehen. Dankeschön für diesen Beitrag. Pass auf dich auf!!!Liebevolle Grüße Diana 😘
Liebe Diana,
Das freut mich sehr. Heute war ein Tag, da gab es gegen 15.30 keine Löffel mal.
Paas auf dich auf.
Liebe Grüße Caro