Krankheitsbewältigung Unsichtbare Symptome bei MS

Depressionen oder depressive Episoden bei Multiple Sklerose (MS)

15. August 2023
depressive Episoden bei Multiple Sklerose

Einleitung und Theorie, um eine Depression besser zu verstehen

Heute etwas Theorie, damit du eine Depression besser verstehst, du rechtzeitig handeln kannst und vielleicht versteht dein Umfeld besser, wenn du in ein schwarzes Loch fällst. Natürlich hoffe ich, dass du mit diesem Artikel erst gar nicht depressiv wirst und diese Zeit besser meisterst. Ich wünsche es dir so sehr!

Depressionen oder depressive Episoden – ein unsichtbares Symptom bei MS

Depressionen und depressive Episoden sind im wahrsten Sinn des Wortes ein unsichtbares Symptome bei Multipler Sklerose. Die Diagnose bedeutet eine extreme psychische Belastung des MS-Betroffenen und auch während dieser chronischen Erkrankung kann es immer wieder zu einer Depression oder depressiven Episoden kommen. Denn nicht genug damit, dass die MS tausend Gesichter hat, die Begleiterkrankung Depression erhöht den Leidensdruck der Betroffenen zusätzlich und beeinflusst ihr Leben manchmal mehr als die MS selbst. Ich kann ein Lied darüber singen. Manchmal hört man den Satz von mir: “Die Depressionen sind schlimmer als die MS!”

Die unsichtbaren Symptome der MS, wie chronische Erschöpfung, mangelnde Aufmerksamkeit, seelische Tiefs oder Gedächtnisschwierigkeiten, stellen für viele von uns eine große Belastung dar. Ein Gesunder kann dies kaum nachempfinden. Auf der einen Seite verstehe ich es – aber anderseits wünsche ich mir mehr Empathie!

Was ist eine Depression?

Eine Depression ist eine psychische Erkrankung, die sich durch eine anhaltende und tiefe Niedergeschlagenheit, Interessenverlust, Gefühle von Wertlosigkeit, Energieverlust, Schlafstörungen und Appetitveränderungen auszeichnet.

Betroffene können sich häufig nicht mehr auf alltägliche Aktivitäten konzentrieren oder sie ausführen, und sie können das Gefühl haben, dass ihr Leben sinnlos oder hoffnungslos ist.

Depressionen können in unterschiedlichen Schweregraden auftreten und von einer vorübergehenden Verstimmung bis zu einer schweren klinischen Depression reichen, die eine sofortige Behandlung erfordert. Es gibt verschiedene Faktoren, die zur Entstehung von Depressionen beitragen können, einschließlich genetischer, biologischer, psychologischer und sozialer Faktoren. Behandlungsmöglichkeiten können psychotherapeutische Ansätze, Medikamente und andere Therapien wie beispielsweise Lichttherapie oder Elektrokrampftherapie umfassen1.

Welche Arten von Depressionen gibt es?

Es gibt verschiedene Arten von Depressionen, die aufgrund ihrer Ursachen, Symptome und Verlaufsweisen unterschieden werden. Hier sind einige der häufigsten Arten von Depressionen2:

Major Depression oder eine schwere depressive Episode: Diese Form der Depression zeichnet sich durch tiefe Niedergeschlagenheit, Interessenverlust, Schlafstörungen, Energieverlust und negative Gedanken aus. Die Symptome müssen für mindestens zwei Wochen bestehen bleiben und signifikant die Lebensqualität beeinträchtigen.

Dysthymia oder anhaltende depressive Störung: Eine Form der Depression, bei der Betroffene chronisch niedergeschlagen und antriebslos sind, aber die Symptome weniger ausgeprägt sind als bei einer Major Depression.

Bipolare Störung oder manisch-depressive Störung: Diese Form der Depression sind durch Phasen der Manie oder Hypomanie gekennzeichnet, die sich mit Perioden der Depression abwechseln.

Postpartale Depression: Eine Form der Depression, die bei Frauen nach der Geburt eines Kindes auftritt und durch Symptome wie Schlafstörungen, Reizbarkeit, Stimmungsschwankungen und Niedergeschlagenheit gekennzeichnet ist.

Saisonal abhängige Depression: Eine Form der Depression, die in den Wintermonaten auftritt und durch Symptome wie Müdigkeit, Gewichtszunahme und Schlafstörungen gekennzeichnet ist.

Psychotische Depression: Eine Form der Depression, bei dem Betroffenen auch psychotische Symptome wie Wahnvorstellungen und Halluzinationen erfahren können.

Situationsbedingte Depression: Eine Form der Depression, die aufgrund von stressigen Lebensereignissen wie Trennung, Verlust eines geliebten Menschen, Erkrankung oder Arbeitsplatzverlust auftritt.

Der MS-Patient bleibt oft mit seinen unsichtbaren Symptomen allein und zieht sich letztendlich zurück. Auch die Trauer über verloren gegangene Fähigkeiten und die Angst vor der ungewissen Zukunft spielen auf dem Weg in die Vereinsamung eine bedeutende Rolle. Darüber hinaus verursachen aber die durch MS entstandenen hirnorganischen Veränderungen beim Erkrankten ernste Probleme. Die Depression gehört dazu.

Die Schwermut beeinträchtigt seelische und körperliche Funktionen. Die biologische Ursache von Depressionen besteht in einer Funktionsstörung bestimmter Botenstoffe im Gehirn, worauf ich gerne im Folgenden näher darauf eingehen möchte.

Ursachen einer Depression

Es gibt viele verschiedene Faktoren, die zur Entstehung einer Depression oder depressiven Episode beitragen können. Einige der häufigsten Ursachen und Risikofaktoren sind:

Genetik: Depressionen können in manchen Familien gehäuft auftreten und genetische Faktoren können eine Rolle spielen.

Biologische Faktoren: Veränderungen im chemischen Gleichgewicht im Gehirn.

Weitere Risikofaktoren sind beispielsweise:

Körperliche Erkrankungen (z.B. hirnorganische Erkrankungen, Tumore)

Medikamente (z. B. Kortison, Interferone, Hormonpräparate)

Chronische Krankheiten, Depressionen in der Familie, Pflegebedürftigkeit

Chronische Überforderung, Dauerstress, wenige positive, aber viele negative Erfahrungen, starre oder wenig flexible Grundeinstellungen, überhöhte Ansprüche, verzerrte Gedankenwelt

Drogen und Alkohol

Multiple Sklerose begünstigt in 50 % der Fälle die Entstehung einer schweren Depression, nimmt man die weniger schweren Depressionen hinzu, steigt das Risiko auf erschreckende 70 %.

⇒ Ein gesunder Mensch kann in der Regel seine Zukunft durch sein Handeln sein körperliches Gesundsein beeinflussen. ⇒ Ein an MS Erkrankter hat dagegen einen völlig unvorhersehbaren Verlauf seiner Zukunft. Wenn die Krankheit fortschreitet, neue Symptome auftreten oder bestehende sich verschlimmern und zusätzlich ein Arbeitsplatzverlust, Verrentung, Abwendung eines Partners oder der Freunde hinzukommen, verschärft sich die Situation. Diese einschneidenden Verluste führen häufig bei MS-Patienten zu reaktiven Depressionen.

Hinweis: Organische Depressionen bei MS-Erkrankten sind oft eine Folge von Entzündungsherden im Gehirn. Auch unvermittelt auftretende Depressionen können durch Nebenwirkungen von Medikamenten, z. B. Interferonen oder Kortison, auftreten.

Da die Depression bei MS nicht leicht zu diagnostizieren ist, da typische MS-Symptome wie Fatigue, Konzentrationsschwäche und körperliche Beschwerden auch bei einer Depression vorkommen, sollte man umgehend seinen Neurologen konsultieren. Unbedingt muss ärztliche Hilfe in Anspruch genommen werden, wenn zu den genannten Punkten noch Selbsttötungsgedanken, Arbeits- und Leistungsunfähigkeit im Beruf und/oder Haushalt dazukommen.3

Behandlung einer Depression oder depressiven Episoden

Eine Depression kann heute gut behandelt und geheilt werden. Die Behandlung einer Depression hängt von der Schwere der Symptome und den individuellen Bedürfnissen der betroffenen Person ab. Hier sind einige der häufigsten Behandlungsmöglichkeiten:

Psychotherapie: Die kognitive Verhaltenstherapie (CBT) soll dem Betroffenen helfen, negative Ge-dankenmuster und Verhaltensweisen zu erkennen und zu ändern. Andere Formen der Psychotherapie sind die Interpersonelle Therapie (IPT) und die Psychodynamische Therapie. Welche für Sie die Richtige ist, erklärt Ihnen ihr Arzt oder Psychotherapeut. Eine Psychotherapie braucht Zeit und die aktive Mitarbeit des Patienten.

Unterstützend zu einer Psychotherapie oder auch isoliert, können Medikamente verschrieben werden. Antidepressiva, wie selektive Serotonin-Medikamente-Wiederaufnahmehemmer und trizyklische Antidepressiva, können bei der Behandlung von Depressionen helfen, indem sie die Stimmung und den Schlaf verbessern. Sie greifen in die Stoffwechselvorgänge des Gehirns ein und verbessern dadurch die Weiterleitung von Reizen.

֍ Antidepressiva machen nicht unbedingt körperlich süchtig oder abhängig. Doch sollten diese mit großem Bedacht und mit Ihrem Arzt gewählt werden, da es auch abhängig machende gibt.

Außerdem muss erwähnt werden, dass Antidepressiva oft zu Beginn einer Behandlung Nebenwirkungen verursachen. Das können Übelkeit, Verdauungsprobleme und Erbrechen sein, auch Unruhe, Gewichtszu-/abnahme und Schlaflosigkeit sein. Meist verschwinden diese Nebenwirkungen nach etwa zwei bis vier Wochen; hier reagiert jeder individuell.

Ebenso muss angesprochen werden, können Beschwerden, wie Schlaflosigkeit, Unwohlsein oder Unruhe vorübergehend auftreten, wenn die Medikamente abgesetzt werden. Das nennt man ein AbsetzsyndromGeduld und der enge Kontakt zu Ihrem Arzt sind essentiell.

Was du noch wissen solltest

֍ Erwähnen möchte ich unbedingt, dass die Wirkung von Antidepressiva ebenso seine Zeit zur vollen Entfaltung brauchen. Sie können über Monate oder Jahre eingenommen werden. Doch trotzdem ist Vorsicht geboten; nie abrupt absetzen, eventuell den Medikamentenspiegel messen lassen, regelmäßige Artbesuche und immer die gleichzeitige Einnahme mit anderen Medikamenten im Auge behalten. Hier kann es zu Wechselwirkungen kommen.

֍ Ein weiterer Punkt möchte ich außerdem noch erwähnen, weil oft bei ersten Anzeichen einer negativen Grundstimmung eigenständig mit pflanzlichen Mittelchen experimentiert wird.

Pflanzliche Stimmungsaufheller, die bei einer gedrückten Stimmung oder bei Schlafstörungen eingenommen werden können, gehören in meinen Augen immer in die Hand eines Arztes. Denn wer weiß als Laie, was sich unter dieser gedrückten Stimmung verbirgt? Niemals selbst behandeln, denn nur ein Fachmann kann zwischen den einzelnen psychischen Erkrankungen, wie einer Depression, einer depressiven Verstimmung oder sonstige Erkrankungen unterscheiden!

Manchmal werden bei leichten Depressionen vom Arzt hochdosierte Johanniskrautpräparate verschrieben, oder Baldrian, Hopfen, Lavendel, Melisse und Passionsblume. Doch bitte nie ohne die Absprache eines Fachmanns einnehmen, wenn die Diagnose nicht eindeutig ist. Ein Beruhigungstee am Abend oder ein Vollbad schadet sicher nichts, aber ansonsten

Finger weg von einer Selbstdiagnose!

Die Heilung einer Depression kann neben einer eventuellen Psychotherapie und der Einnahme eines Antidepressivas jeder einzelne Patient aktiv unterstützen → Alternative Behndlungsmöglichkeiten sind:

  • Im Rahmen seiner Möglichkeiten durch Bewegung und sportliche Aktivitäten, Spaziergänge an der Luft.
  • Eine Lichttherapie kann zur Behandlung von saisonal bedingten Depressionen eingesetzt werden.
  • Ein täglicher Stundenplan, den sie führen und befolgen, zeigt ihnen, was sie zu stark fordert, und hilft ihnen, diese Belastungen gezielt zu vermeiden.
  • Versuchen Sie Kontakt zu ihren Mitmenschen zu halten.
  • Belohnen Sie sich selbst für die kleinsten Erfolge.
  • Haben Sie Geduld mit sich.
  • Ernähren sie sich ausgewogen.
  • Erproben sie verschiedene Entspannungstechniken, wie Yoga, Progressive Muskelentspannung nach Jacobsen oder Meditation. Entspannungstechniken können helfen, Stress abzubauen und die Symptome von Depressionen zu reduzieren.

Die unterstützenden Maßnahmen waren in meinem Fall erst möglich, als ich durch Medikamente und Psychotherapie eine erste Stabilität erfahren habe. So erging es mir mit meiner Depression. Durch die Psychotherapie traute ich mir wieder mehr zu, und dann hangelte ich mich mit viel Selbstliebe und Geduld aus dem seelischen Tief. Denn wenn ein Mensch am Abgrund steht, will er sich nicht bewegen oder achtet gar nicht auf seine Mitmenschen oder Ernährung. Es ist ihm schlichtweg egal, oder besser gesagt, er hat gar keine Kraft dazu! Sicher habe ich zu lange versucht die Fassade aufrecht zu halten und auch einen Arzt zu konsultieren. Heute handle ich bei den ersten depressiven Verstimmungen. Mittlerweile kann ich die jeweiligen Situationen gut einschätzen.

Höre bitte als Nichtbetroffener genau zu!

Es ist deshalb wichtig, Betroffene wirklich ernst zu nehmen, ihnen zuzuhören, um zu verstehen, dass Leid und Schmerz von jedem Menschen unterschiedlich wahrgenommen werden. Nicht sichtbare oder nicht mitteilbare Symptome können „schmerzhafter“ erlebt werden als auf den ersten Blick erkennbare.

Mit einem körperlich starken Betroffenen mit sichtbarer Behinderung hat man sofort Mitgefühl, ein „unsichtbar“ psychisch Betroffener stößt vielleicht sogar auf Ablehnung, trotz größerem Leidensdruck. Manchmal ist Hilfe für mich, wenn mir jemand nur einfühlsam zuhört, mehr nicht. Und wenn der Leidensdruck so groß ist, dass ich nicht mehr sprechen möchte, genügt es mir, wenn jemand einfach nur bei mir ist und dankbar dafür, wenn ich deshalb nicht auf Unverständnis stoße. Viele MS-Patienten befinden sich in ähnlichen Situationen und haben Schwierigkeiten, verstanden zu werden, weil man gerade “unsichtbare” Leiden nicht so leicht verständlich machen kann.4

Bist du auch betroffen oder hast Erfahrung mit Betroffenen? Lass uns gerne in Austausch treten!

Deine

Logo vom Blog Frauenpower trotz MS

1 https://www.neurologen-und-psychiater-im-netz.org/psychiatrie-psychosomatik-psychotherapie/stoerungen-erkrankungen/depressionen/ https://de.wikipedia.org/wiki/Depression#:~:text=Typische%20Symptome%20einer%20Depression%20sind,Lebensqualit%C3%A4t%20sind%20dadurch%20oft%20beeintr%C3%A4chtigt.

2 https://psychische-hilfe.wien.gv.at/fakten/depressionen/arten-von-depressionen/

3 https://gesund.bund.de/depression#auf-einen-blick

4 Weitere Informationen finden Sie auch unter www.dmsg.de oder www.amsel.de


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